BUNTSPECHT DOPPELKINDERGARTEN UND TAGESSTRUKTUR
WIL / 2024 - 2024
ProjektformWettbewerb, kein Rang
Bauherrschaft Stiftung hausen + wohnen
Mitarbeit Wettbewerb Luca Romano
Lisa Tiedje
Mario Wurm
Sophia Branz
Visualisierungen Studio Matthias Pabst
Städtebauliches Gesamtkonzept
Ausgangspunkt ist der grossflächige Erhalt des bestehenden Schulgeländes, der gesamten Fussballwiese und die Ertüchtigung und Erweiterung des Bestandsgebäudes der Tagesstruktur an der Rosenstrasse (TST).
Der Anbau übernimmt die Kubatur des Bestandes und wächst zu einem zweigeschossigen Baukörper Richtung Schulhof an. Der eingeschossige Doppelkindergarten (KiGa) ist als länglicher Baukörper Richtung Süden ausgebildet. Beide Baukörper überschneidet sich in einer „kissing corner“ und zonieren somit klar und selbstverständlich die jeweiligen Aussenräume. Ein überdachter Durchgang ermöglicht den Kreuzübergang der beiden Aussenräume barrierefrei. Der Entwurf versucht, trotz einer recht horizontalen Verteilung des Programms, flächenschonend mit dem zur Verfügung stehenden Gelände umzugehen und nur punktuell zu einem zweigeschossigen Baukörper fliessend heranzuwachsen. Diese Optimierung wird überwiegend durch das „Raum zu Raum Prinzip“ und den Verzicht auf nicht nutzbare Flächen wie Flure erreicht. Zusätzlich sieht der Vorschlag vor, bei Bedarf das Volumen des Doppelkindergartens um einen dritten Kindergarten zu erweitern.
Erschliessung
Eine gleichmäßige Durchwegung des Schulgeländes mit Zugängen von allen Himmelsrichtungen wird erhalten und verstärkt.
Die direkte Erschliessung und Anbindung an die Rosenstrasse ermöglichen eine reibungslose Anlieferung des täglichen Essens ohne Überschneidung mit dem Geschehen auf dem Schulgelände. Diese Erschliessung wird auch als Personal- und Elterneingang genutzt. Grosszügige Platten ermöglichen die barrierefreie Erschliessung auch mit dem Kickboard.
Der Entwurf behält die Erschliessung im Süden des Geländes über den bestehenden Fahrrad- und Fußweg bei und ergänzt den Eingang um einen weiteren überdachten Stellplatz für Kickboards und Fahrräder, sowie einem trockenen Lager für Aussengeräte der Primarschule Matt.
Die Ostfassade des Doppelkindergartens wird Richtung Süden, am Ende der Laufbahn um eine überdachte Sitzbank und Schuhwaschstation erweitert. Dadurch kann die Fussballwiese auch nach Schulschluss besser genutzt werden.
Aussenraum / Landschaftsgestaltung
Die angedachte Landschaftsplanung schafft fliessende Übergänge der Bodenflächen wie auch im Geländeschnitt. Die Erweiterung des Schulhofes erfolgt durch eine großzügige Chaussierung. Ein neuer zentraler Vorplatz kann für gemeinsame Schulfeste genutzt werden. Im Zentrum steht eine Winterlinde (Tilia cordata), umschlossen von einer niedrigen, verschatteten Sitzbank. Dieser Baum kann durch seine Positionierung zu „dem“ zentralen Schulhofbaum heranwachsen. Der Entwurf schafft, ergänzend zum Bestand, überwiegend sickerfähige Trocken- und Rasenflächen, die fliessend in ökologisch wertvolle Gehölze übergehen, durchsetzt von fragmentarischen Feldsteinen und Findlingen, welche die Kinder zum Spielen und Verstecken einladen. Zwei runde Sandkästen platzieren sich vor den Kindergärten. Der Aussenraum ist überschaubar, ermöglicht jedoch auch Raum für kurzweiligen Rückzug. Die Verbindung vom Schulhof / Vorplatz der Tagesstruktur und der Aussenraum der Kindergärten erfolgt durch eine überdachte Schnittstelle beider Bauten und verbindet die voneinander getrennten Aussenräume.
Die Planung verzichtet auf gebietsfremde invasive Pflanzenarten. Heimische Stauden, Wildsträucher, Laub- und Obstbäume mit verschiedenen Blütezeiten und Wuchshöhen sind für viele Vogel-, Kleintier- und Insektenarten Schutzgebiet und Nahrungsquelle und zugleich für uns Menschen ungiftig. Eine reichhaltige Biodiversität soll ermöglicht werden.
Niststeine unter der Osttraufe des Doppelkindergartens schaffen Wohnraum für Vögel. Die gebaute Architektur und Umwelt werden hier als Grundlagenvermittlung der kommenden Generation gesehen, die Umwelt im Einklang und als einen Organismus zu verstehen und zu schätzen wird somit automatisch mitgegeben. Bildungsbauten prägen das Weltbild von morgen.
Entwurf
Die zwei volumetrischen Baukörper mit Pultdach erinnern im Schnitt, abstrakt gelesen, an einen BUNTSPECHT und werden durch das Farbkonzept unterstrichen. Zusätzlich dienen die Hallenbauten des angrenzenden Industriegebiets ebenfalls als Referenz. Das Farbenspiel von rot- und gelb lackierten Elementen ergänzt die grossflächigen Holzscheiben. Die Struktur ist raumbildend und organisiert den gesamten Grundriss. Ein Raster von 62.5 Zentimeter wird bei beide Baukörpern angewandt. Die vorgesehene Holzzangenkonstruktion mit Brettschichtträgern baut sich auf einem 75 Zentimeter hohen Betonsockel auf und trennt somit das Holz vom feuchten Boden und Regenspritzwasser. Der umlaufende Betonsockel wird teils durch überdachte Elementsitzbänke ergänzt und aktiviert dadurch die Fassade sowie den angrenzenden Aussenraum.
Doppelkindergarten
Der 13.6 Meter breite, 25 Meter lange Baukörper öffnet sich zur Ost- und Westfassade und hat zwei Eingänge zum Westen. Das Pultdach steigt von Osten Richtung Westen an und endet mit einem steilen Vordach, welches einerseits die aussenliegende Erschliessung der Kindergärten überdacht und andererseits die Westfassade vor starkem Sonnenlicht um die Mittagszeit im Sommer auf natürliche Weise verschattet. An regnerischen Tagen können die Kinder hier dennoch an frischer Luft spielen.
Die Sitzbank ermöglicht auch das „Znüni“ oder „Zvieri“ gemeinsam im Freien einzunehmen. Im Innenraum steigt die Raumhöhe von der niedrigen Puppen- und Bauecke mit Morgenlicht über den Hauptraum grosszügig an. Da der Eingang auch gleich als Ausgang zum Garten dient, ist der Innen- und Aussenraum leicht zu überblicken. Von der Garderobe aus sind alle Räume direkt erschlossen und ermöglichen praktische und kurze Wege. Drei Waschbecken, vor den Toiletten ausgelagert, ermöglichen einfache Abläufe wie Händewaschen nach einem gemeinsamen Ausflug. Die Teeküche ist Teil des zentralen Raumes, die Lehrenden nutzen den Material- und Therapieraum zum kurzzeitigen Rückzug. Der große Materialraum dient, mit einer separaten Tür, auch zur Unterbringung der Aussengeräte. Die aneinandergekoppelten Kindergartengruppen funktionieren komplett autark, können aber über Material- und Therapieraum nach Bedarf miteinander verbunden werden. Die Entscheidung den Grundriss hier nicht zu spiegeln, basiert auf der Grundlage, die Erweiterbarkeit des Doppelkindergartens und künftige Nutzungsänderungen zu ermöglichen.
Tagesstruktur
Das Bestandsgebäude der TST hat nicht nur nostalgischen Wert, die räumliche und strukturelle Qualität soll in diesem Entwurf mitaufgenommen und erweitert werden.
Der Anbau versucht auf dessen Raster aufzubauen und sich als eigenständige Konstruktion vor dem Baukörper zu platzieren. Der massgebende Querschnitt mit Oberlichtband wird ebenfalls Grundlage der Erweiterung. Der gesamte Baukörper ist 19.6 Meter breit und 31.8 Meter lang und hat drei Eingänge. Oberlichtbänder versorgen die innenliegenden Räume mit zusätzlichem Tageslicht.
Der Bestand wird saniert und umgebaut. Im Innenraum wird der Altbau teils erkennbar bleiben und respektvoll in den Neubau integriert. Die neue Fassade wird über den gesamten Baukörper gelegt. Dach- und Aussenflächen werden nachgedämmt.
Der bestehende Eingang wird erhalten und dient zur Anlieferung und als Personaleingang. Der Vorraum wird barrierefrei ausgebildet, um die Anlieferung zu vereinfachen. Die Kinder, kommend von Westen, können südlich am Gebäude das Gelände durchqueren.
Der Eingang vom Schulhof (Nordfassade) ermöglicht den direkten Weg zu den Schulischen Sozialräumen im Obergeschoss. Auch die älteren Gruppen betreten die Tagestruktur über diesen Eingang. Die jüngeren Kinder hingegen kommen direkt von den Kindergärten im Süden in die Tagesstruktur. Garderobe und Toiletten liegen hier direkt am Eingang, ein Aufzug am Nordeingang ermöglicht den barrierefreien Zugang zum Obergeschoss, erlaubt aber auch einfache Transportwege zu den Lagerräumen im Untergeschoss. Drei gleichwertige Räume für Essen und Hausaufgaben, befinden sich mit langen Fensterbändern im Süden, Osten und Norden und werden über die zentrale Essensausgabe erschlossen. Der zentrale Raum dient zu anderen Zeiten als erweiterte Spielfläche. Ein Oberlichtband sorgt auch hier für eine angenehme Atmosphäre der hohen Räume. Die Küche mit Tresen, als einsehbarer „Pavillon im Haus“, bekommt hier eine zentrale Bedeutung. Ein kreisrundes Oberlicht versorgt die Küche mit Tageslicht. Die Küche ist über das Lager direkt mit den Personalräumen verbunden. Auch hier wäre eine Verglasung ab 1.40 Meter Höhe denkbar, um einen uneingeschränkten Einblick in die angrenzenden Spiel- und Aufenthaltsräume zu erlangen. Richtung Westen reihen sich die Personalräume mit direktem Anschluss an den südlichen Aussenraum für kurze Pausen im Freien an. Das Oberschoss der Tagesstruktur ist über zwei, in die gleiche Richtung laufende, Treppen erschliessbar und ermöglicht einen Rundlauf und einen zweiten Fluchtweg. Die Ruheräume, neben den schulischen Sozialräumen lassen das Obergeschoss zu einem Ort des Rückzuges werden. Auch hier sind Synergien denkbar: vom Vorraum sind Blickkontakte zur Essensausgabe im Erdgeschoss möglich. Im Untergeschoss sind ausreichend Flächen für Arbeitsmaterial und Lager (TST und KiGa), neben den notwendigen Technikräumen geplant. Auch hier führen zwei Treppen nach oben, wobei die südliche Treppe direkt am südlichen Eingangsbereich endet. Der gesamte Erdgeschossgrundriss folgt der Idee eine zukünftige schulische Nutzung der Räume nicht auszuschliessen und dennoch eine Landschaft aus häuslichen Qualitäten zu schaffen.